1924-2019
Feinmechanikerin, Diplom-Ingenieurin
Leipzig
Christa Hammer war als Inhaberin der Firma Johannes und Christa Hammer – Feinmechanische Apparate Leipzig in einem männlich geprägten, naturwissenschaftlich-technischen Berufsfeld erfolgreich.
Sie wurde am 12. März 1924 als Tochter des Feinmechanikers Johannes Hammer und seiner Ehefrau in Leipzig geboren und hatte bereits früh Einblicke in den 1934 gegründeten elterlichen Betrieb zum Bau von Messgeräten für medizinische, psychologische und physiologische Zwecke.
Beim Bombenangriff auf Leipzig vom 3. zum 4. Dezember 1943 wurde ihr Elternhaus schwer getroffen. Die Eltern kamen ums Leben und Christa Hammer stand 19-jährig vor der existentiellen Auseinandersetzung mit deren Erbe. Sie übernahm ohne Ausbildung die Verantwortung für die Firma. Diese hatte zu diesem Zeitpunkt ca. 100 Mitarbeiter*innen und das vom Vater 1942 erworbene Fabrikgebäude war noch nicht abbezahlt. Johannes Hammer produzierte in den Kriegsjahren im Mehrschichtsystem Präzisionsinstrumente und Ersatzteile für den Flugzeugbau der Erla-Maschinenwerke in Heiterblick. Nach Aussagen von Zeitzeug*innen waren in diesem Zeitraum auch mindestens acht osteuropäische Zwangsarbeiterinnen im Unternehmen eingesetzt.
Mit Unterstützung der Belegschaft und Freund*innen der Familie führte Christa Hammer den Betrieb durch die letzten Kriegsjahre. Nach einer Ausbildung erhielt sie 1948 ihren Gesellenbrief und war damit die erste Feinmechanikerin der DDR. 1952 schloss sie ihre Meisterausbildung ab und die Firma wurde offiziell „Meisterwerkstatt“. Um das technische Niveau zu erhöhen und die Konstruktion neuer Geräte in ihrer Firma zu gewährleisten, absolvierte Christa Hammer zudem ein Diplomstudium an der Ingenieurschule in Jena, welches sie 1959 abschloss.
Die Firma Johannes Hammer – Wissenschaftliche Apparate Leipzig baute nach dem Krieg unterschiedlichste Messgeräte für die Medizin, Chemie oder Tierzucht. Zudem wurden medizinische Apparate repariert sowie Nähmaschinen und Personenkraftwagen umgebaut. Mit diesem variablen Firmenprofil schaffte es Christa Hammer, ein Alleinstellungsmerkmal in der DDR-Wirtschaft zu erzielen, als Betrieb der Verstaatlichung zu entgehen und selbstbestimmt zu arbeiten. Ihre feinmechanischen Produkte, wie z.B. der selbst entwickelte Pendelhärtemesser für Lacke und Kunststoffe, gingen an zahlreiche Institute im In- und Ausland, wodurch dem sozialistischen Staat Devisen zukamen. Mit Ausdauer und Willenskraft begegnete sie den Widrigkeiten der Mangelwirtschaft und betreute ihre Werkstatt bis ins hohe Alter. Immer wieder versuchte sie, neue Märkte zu erschließen und die Firma zu beleben. Sie pflegte die Firmenräume und Feinmechanikerwerkstatt bis zu ihrem Tod im Dezember 2019, wodurch die Ausstattung der 1940er-Jahre bis heute erhalten ist.
Christa Hammer nahm neben ihrem Beruf aktiv am gesellschaftlichen Leben teil und engagierte sich in verschiedenen Vereinen und Freundeskreisen für Kunst und Musik. Sie schätzte die Welt in Bescheidenheit und bewunderte stets auch die kleinen Dinge.
Seit 2021 steht die Werkstatt der Firma Johannes Hammer – Feinmechanische Apparate als Interieur im Gebäude Hans-Poeche-Sraße 7 unter Denkmalschutz.
Autorin: Kisten Liebe
44. Frauenort in Leipzig eingeweiht.
Im Rahmen des Tages des offenen Denkmals wurde am 14. September 2025 die Frauenorte-Tafel für Christa Hammer eingeweiht. Die Tafel erhielt ihren Platz am Gebäude der ehemaligen Werkstatt der Firma Hammer. Neben kurzen Redebeiträgen und einen Vortrag über Christa Hammer hatten die Gäste die Möglichkeit, an einer spannenden Führung durch die ehemaligen Werkstatträume teilzunehmen.
Die Tafel ist am hp_sieben e.V., Hans-Poeche-Str. 7 in 04103 Leipzig zu finden.
Fotos: Stephan Kämmerer
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